Der Schlaf und die Betäubung

2011
Der Schlaf und die Betäubung – eine audiovisuelle Raumkomposition
von Daniel Burkhardt und gksh

Loop 8″ I 3 Kanal Audio I 2 Kanal Video

Eine monochrom blaue Fläche wird von zwei Projektoren in eine Raumecke geworfen. Auf dem Boden davor stehen und liegen drei Lautsprecher. Komponierte Klänge werden an unterschiedlichen Stellen im Raum hörbar und verschwinden. Es knistert und knackt als ob eine unter Spannung stehende Fläche (zer)splittert. Das Knacken wird überlagert von einem drängenden Geräusch, das an Atmen, Pusten oder Wind erinnert. Dieses Gemisch schiebt sich immer wieder kraftvoll durch den Raum, um sich dann abzuschwächen und zu verlieren. Aus dem Blau der Projektionen treten fragile, weiße Linien hervor, die zunächst an Kondensstreifen von Flugzeugen erinnern. Dann verliert sich das Bild erneut in monochromem Blau. Wenn es das nächste Mal erscheint, sind die weißen Linien dichter und erinnern an Spinnennetze oder gesplittertes Glas. Aus den Lautsprechern kommt ein kaum hörbares Sirren, an einer anderen Stelle vernimmt man einen Schwarm zimbelartiger Partikel, die durch den Raum taumeln. Die Geräusche fallen auseinander und versinken in der Stille. Wenn in der Projektion Formen auftauchen, sind sie in einer konstanten, zitternden Bewegung. Sie erscheinen und schweben vor dem Blau. Das Bild gibt keinen Halt, die Formen sind nirgends fixiert.

In der audiovisuellen Raumkomposition Der Schlaf & die Betäubung geht es um eine Verlangsamung der Wahrnehmungsprozesse. Klangliche und visuelle Elemente tauchen separat im Raum auf. Sie bleiben einzeln wahrnehmbar und autonom. In dem vom Besucher erlebten Raum und der darin verbrachten Zeit entspinnt sich ein Netz von assoziativen Bezügen und Geschichten und es öffnen sich Leerstellen, die jeder Betrachter mit Eigenem füllt.
(Daniel Burkhardt und gksh)

Klang und Bild stehen für zwei unterschiedliche Domänen in einer für unsere Sinne zunehmend katastrophalen Wahrnehmungssituation von Welt. Unsere Kanäle werden täglich weiter aufgespreizt, gewaltsam gedehnt – für ein immer noch größeres Fassungsvermögen audiovisueller Botschaften, die in immer schnellerer Frequenz und mit steigenden Amplituden durch die Medienapparate produziert und abgeschossen werden. Die Wucht und die Menge dieser Attacken schaffen einen konstanten Zustand der Nervösität. Immer wach, mittlerweile längst überwältigt, immer bereit den nächsten Schrei aus Bildern und Klängen schutzlos und schonungslos aufzunehmen. Die Arbeit beschäftigt sich mit den zwei Fluchtzuständen, in denen wir uns diesen Schreien entziehen. Es geht um die Verlangsamung der Wahrnehmungsprozesse, die Reduzierung auf die Geste und was “sich” dann erzählt. In diesen verlangsamten Zuständen verschmelzen Ton und Bild zu etwas Drittem, in einem Raum, in dem die Wahrnehmung auf etwas Körperhaftes stößt. An diesem Ort gibt es keine Zeit, nur sich durchdringende Zustände. Bilder und Töne, in einem Speicher aufgenommen, formen sich in fast unmerklichen Verwebungen zu einer Präsenz, einem Gegenüber, das mit dem Besucher in Kontakt tritt und diesen verwickelt. Der eigene Schritt hat einen überraschenden Ton, setzt sich in Verhältnis zu anderen Klängen. Manchmal wirft man einen Schatten auf ein Bild, manchmal auch nicht. Es gibt vielleicht eine Handlung, aber ob man Teil der Geschichte, Besucher oder Erzähler ist, ist nie gewiss und kann sich jederzeit ändern. Aber vor allem spielt es keine Rolle, dies zu wissen. Denn die Verbindung von Ton und Bild hat keinen Ort, etwa eine Leinwand oder ein Gebäude, – außer den einen in uns.
(gksh)

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