2006-2007
Abandonee wurde am 26.06.2007 im CUBE des IEM in Graz uraufgeführt.
Die Komposition wurde im Jänner und Februar 2009 im DEGEM-Webradio vorgestellt und im Mai 2009 im SWR2 bei Musik spezial: RADIOPHON. Zudem wurde Abandonee 2009 auf das New York City Electroacoustic Music Festival eingeladen.
Eine Doppel-CD wurde im Sommer 2008 produziert.
Insgesamt 15 Monate haben wir mit dem Klangkunst-Ensemble NooK – Dirk Specht und gksh – an der ambisonischen Raumklang-Komposition Abandonee gearbeitet. Fertiggestellt wurde die Komposition zwischen Mai und Ende Juni 2007 im Ambisonic-Konzertraum und Studio CUBE des Instituts für Elektronische Musik und Akustik (IEM), Graz. Das Institut hatte uns hierzu als Gastkomponisten eingeladen. Zur Realisierung wurden wir vom DAAD durch ein Graduierten-Auslandsstipendium unterstützt.
Das Klangmaterial, das die Arbeitsgrundlage darstellte, entstammt einer (sur)realen vorgefundenen Situation. Es handelt sich dabei um mehrfach durchgeführte Mikrophonierungen eines spezifischen Klangkörpers sowie der Gesamtsituation dieses Klangkörpers in seinem Umgebungsraum. Verwendet wurden zu diesem Zweck ein Soundfield-Mikrophon, mehrere Accelerometer sowie Piezo-Transducer und Schoeps-Kondensator-Mikrophone. Der auf diese Weisen aufgenommene Klangkörper war ein zerstörter Flügel (Fa. Blüthner, Leipzig), der in einer Bauruine in Belgien zurückgelassen wurde. Durch Einfluss von Witterung und Vandalismus war dieser zu großen Teilen zerstört, verrottet, die Tasten waren herausgebrochen, die Saiten teilweise gerissen, der Rahmen war verzogen, ganze Holzteile fehlten, waren abgerissen, geborsten und über den ganzen “Raum” verteilt. Man erkannte das ehemalige Instrument als solches noch, es war aber durch die beschriebenen Einwirkungen zu etwas Anderem transformiert, was nur noch entfernt an den ursprünglichen Klangkörper erinnerte. Dieses Klangobjekt wurde an seiner Fundstelle auf seine neuen Eigenschaften hin untersucht. Hierbei haben wir uns vor allem auf dessen raumklangliche Möglichkeiten und Aspekte sowie die akustische Wirkung an seinem derzeitigen Ort konzentriert. Die vorgefundene Klangsituation zerfällt durch die Art der Mikrophonierung und Bespielung in Zeitpunkte und Anregungsorte, die nachfolgend im Ambisonic-Studio des IEM technisch und künstlerisch neu angeordnet sowie dynamisch transformiert wurden.
Das Innen und Außen (Umgebungsraum) des Klangkörpers wurden in der Raumklang-Komposition aufgefächert
Räumliche Zersplitterung / Verschiebungen / gegeneinander scherende Ebenen / Durchdringung / Punktkontrastierungen / Friktionen nehmen wechselnde räumliche Zustände an: Ballungen / Verflechtungen / Entzerrungen / Dehnungen / Kontraktionen / Verwischungen.
Zur Dokumentation der Arbeit wurde u.a. eine Stereoaufzeichnung auf binauralem Wege (mittels Kunstkopfmikrophonie) gemacht, um den Höreindruck der künstlerischen Raumklangorganisation dieses Projektes nachvollziehbar zu machen. Eine solche Hörsituation ist selbstverständlich nur als Substitut zu verstehen. Diese Art der Dokumentation hatte sich allerdings bereits bei dem vorherigen Projekt Aubaine nicht zuletzt als Diskussionsgrundlage und Präsentationshilfe im Hinblick auf die künstlerische Arbeit mit modernen Raum-Klang-Systemen bewährt.